Paul Falkenberg
1903–1986

Der Mann, der ›M‹ schnitt

»

Deutscher bin ich nicht mehr, aber Berliner bleibt man immer.

Paul Falkenberg

Paul Falkenberg (1903–1986) kam nach einem Studium der Alt­philo­logie und Ger­ma­nistik als Assistent des Regisseurs Georg Wilhelm Pabst zum Film. 1930 wurde er Cutter bei der Tobis und schnitt wesentliche Werke des frühen deutschen Tonfilms wie z.B. ›M‹ (1931) von Fritz Lang. Im Exil arbeitete er in Paris, Wien, Rom und London, bevor er 1938 in die USA emigrierte. Nach 1945 produzierte Falkenberg zahl­rei­che eigene Doku­men­tar­filme in New York.

Ein Kind des Berliner Nordens

Paul Victor Falkenberg wird 1903 in Berlin als Sohn eines Lehrers geboren und wächst in einer der jüdischen Tra­di­tion ver­pflich­te­ten Familie auf. Als Ju­gendlicher schließt er sich dem deutsch-jüdischen Wander­bund »Kameraden« an. Zu diesem Ver­band hatten sich jüdische Jugend­liche 1916 zusammen­geschlos­sen, da ihnen eine Mit­glied­schaft in den Wander­vogel­grup­pen meist ver­wehrt blieb. »Das äußere Bild war ungefähr dasselbe,« erinnert sich Falkenberg an diese Zeit, »wir gin­gen auf Fahrt, am Wochen­en­de, trugen unsere Rucksäcke, was man heute Backpacking nennen würde, schliefen im Heu oder in Schlafs­äcken unter freiem Himmel, je nach dem, und empfan­den uns als freiheitlich unbourgeoise, in manc­hen Fällen antibourgeoise, Kinder der Freiheit.«

Falkenbergs Eltern sind sehr religiös, dabei aber auch sehr liberal und offen. Dem Zionismus und jüdisch-nationalen Tendenzen stehen sie – wie auch Falkenberg selbst – kritisch gegenüber.

»Ich bin zu sehr ein Europäer gewesen, habe nie den Galut als eine unangenehme Situation empfunden, sodass bei mir Zionismus und dergleichen, nationalere oder nationalistische Ideologien, auf keinen sehr fruchtbaren Boden fielen. Ich war immer ein Kosmopolit.«

»Erlebtes Kino«

Zum Studium der Altphilologie und Germanistik geht Fal­ken­berg 1924 nach Köln. Hier entdeckt er seine Begeisterung für den Film: Oft geht er zweimal am Tag ins Kino, sieht sich sämt­liche neuen amerikanischen Filme an, schreibt Film­kriti­ken. In dieser Zeit entwirft er auch das Konzept einer »Gesellschaft für Filmforschung«, die einer kom­men­den Film­wis­sen­schaft das Mate­rial an die Hand geben soll, indem sie film­be­zo­ge­ne Archivalien sammelt. Schon Mitte der Zwanzigerjahre fasst Falkenberg damit im Grunde den Plan für eine Kinemathek. Zur Einrichtung eines solchen Instituts kommt es jedoch nicht - »Gott sei dank«, wie Fal­ken­­berg später bemerkt, da es so bei sei­ner späteren Emigration nicht den Nazis in den Schoß fallen konnte.

Stattdessen wird Falkenberg 1927 Assistent des Regisseurs Georg Wilhelm Pabst und arbeitet bei den Filmen »Abwege«, »Die Büchse der Pandora«, »Tagebuch einer Ver­lo­ren­en« und »Westfront 1918« mit.

Die amerikanische Schauspielerin Louise Brooks (1906–1985) wurde von G.W. Pabst (1885–1967) für den Film „Die Büchse der Pandora“ (1928/29) nach Berlin engagiert. Regieassistent war Paul Falkenberg, der Brooks hier gemeinsam mit Pabst bei der Ankunft am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten in Empfang nimmt (v.l. Georg Wilhelm Pabst, Louise Brooks, Paul Falkenberg, Berlin 1928) / © Deutsche Kinemathek - Sammlung Casparius
Die amerikanische Schauspielerin Louise Brooks (1906–1985) wurde von G.W. Pabst (1885–1967) für den Film „Die Büchse der Pandora“ (1928/29) nach Berlin engagiert. Regieassistent war Paul Falkenberg, der Brooks hier gemeinsam mit Pabst bei der Ankunft am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten in Empfang nimmt (v.l. Georg Wilhelm Pabst, Louise Brooks, Paul Falkenberg, Berlin 1928) / © Deutsche Kinemathek - Sammlung Casparius
Die Deutsche Kinemathek besitzt die international wohl umfang­reichste Sammlung zum deutschen Filmexil. Martin Koerber, Leiter des Filmarchivs, spricht über den Nach­lass Paul Falkenbergs, der hier verwahrt wird.

Filmschnitt

Die Tobis – nach der Ufa die größte deutsche Film­pro­duk­tions­gesell­schaft – enga­giert Falkenberg als Cutter und er schnei­det u.a. die heute als Klas­­si­ker gel­ten­den Filme wie Fritz Langs »M« (1931), Carl Theodor Drey­ers »Vampyr« (1931), Alexis Granovskys »Das Lied vom Leben« und »Die Koffer des Herrn O. F.« (1931).

Filmcutter – ein neuer Beruf entsteht

Bis zum Ende der Stumm­film­zeit war es üblich, dass die Regis­seu­re ihre Filme mit Hilfe von Film­kleberinnen selbst montierten. Als Assistent von Georg Wil­helm Pabst hatte Falkenberg diese Kunst bei einem der unbe­strit­tenen Meister der Film­mon­ta­ge erlernt. Mit dem Beginn des Tonfilms wandelte sich diese Arbeit deutlich. Es entstand der Beruf des Schnittmeisters, zunächst noch Cutter, oder wie hier »Tonschneider« genannt. Nun war die Aufgabe des Film­schnitts deutlich kom­pli­zier­ter geworden und verlangte nach bislang ungekannten Appa­ra­turen und Kenntnissen. Die Faktur eines Films musste nun nicht nur aus Bildern, sondern aus einem Gewebe von Bild und (teilweise mehrspurigen) syn­chro­nen Tonaufnahmen, asyn­chron entstandenen Geräusch­aufnahmen und einer Musik­be­glei­tung zusam­men­gesetzt und »gemischt« werden. Ein neues Berufsbild war geboren, und Falkenberg wurde einer seiner ersten Repräsentanten, auch als Vorsitzender des von ihm mit gegründeten »Verbandes der Filmcutter Deutschlands«.

Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung der Atlas Film GmbH, Duisburg

Mit Stilmitteln wie etwa eindrucks­vol­len Parallelmon­tagen trägt der Schnitt entscheidend zur Wirkung von »M« bei. Falkenberg streitet jedoch stets ab, einen Beitrag zu diesem Meister­werk des frühen Tonfilms geleistet zu haben – er habe nur umgesetzt, was Fritz Lang geplant hatte. Für Drey­ers »Vampyr« erachtet er seine Ar­beit sogar als eigentlich überflüssig. Der Film war stumm gedreht worden, Falkenberg soll ihn nachträglich ver­to­nen, wovon er Dreyer jedoch abzu­brin­gen versucht, da er den Film schon für perfekt hält. Diese Haltung wird Fal­ken­berg zeitlebens beibehalten und auch rückblickend seine Rolle als Cutters stets bescheiden kleinreden.

Fritz Langs erster Tonfilm »M – Eine Stadt sucht einen Mörder« aus dem Jahr 1931 gehört zu den Meisterwerken der Weimarer Republik. Mit Peter Lorre als psychopathischem Kindermörder hat der Film Geschichte geschrieben. M spiegelt das gesellschaftliche Klima der Zeit wider und wurde schließlich 1934 verboten.  Der Film erschien 2020 in vollständig restaurierter Fassung als Mediabook bei der Atlas Film. Das hier gezeigte Cover ist dem Originalplakat nachempfunden / Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung der Atlas Film GmbH, Duisburg
Fritz Langs erster Tonfilm »M – Eine Stadt sucht einen Mörder« aus dem Jahr 1931 gehört zu den Meisterwerken der Weimarer Republik. Mit Peter Lorre als psychopathischem Kindermörder hat der Film Geschichte geschrieben. M spiegelt das gesellschaftliche Klima der Zeit wider und wurde schließlich 1934 verboten. Der Film erschien 2020 in vollständig restaurierter Fassung als Mediabook bei der Atlas Film. Das hier gezeigte Cover ist dem Originalplakat nachempfunden / Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung der Atlas Film GmbH, Duisburg

»I have never understood why there should be editors.«

»Alles ist aber sehr zweifel­haft«

Zwischenstopp in Frankreich...

Der zum engen Freundes­kreis Falkenbergs gehö­ren­de Regis­seur Walther Rutt­mann engagiert ihn 1932 nach Paris, wo er die Verfilmung eines Simenon-Romans vorbereitet. Die Produktion des Films kommt jedoch nicht zustan­de. Ein noch in Berlin produzierter Doku­mentar­film Fal­ken­bergs über die jüdische Jugend­bewe­gung geht hier verloren, als er sich entschließen muss, das Material zum Silberpreis zu ver­kau­fen. Ange­sichts der herauf­däm­mern­den Herrschaft der National­sozialis­ten bleibt Falken­berg jedoch in Paris und arbeitet bei Produktionen anderer Emigranten mit, so wird er zum Cutter der Komödie »Les Aven­tures du Roi Pausole«. Mit dem Produ­zenten und Regisseur Alexis Granovsky (1890-1937) hatte er 1931 schon für dessen Berliner Produk­tio­nen »Das Lied vom Leben« und »Die Koffer des Herrn O. F.« zusammen­gear­beitet. Die Hauptrolle im Film, der auch in einer deut­schen (»König Pausole«) und englischen (»The Merry Monarch«) Fassung her­ge­stellt wird, spielt der deutsche Film- und Theaterstar Emil Jannings. Die Produ­zen­ten versprechen sich von dieser Tatsache einen sicheren Kassenerfolg.

Mit diesem Brief wurde Paul Falkenberg, der nach den ergebnislosen Produktionsvorbereitungen zu dem Simenon-Film seines Freundes Walther Ruttmann in Frankreich hängengeblieben war, für den Schnitt des Films »Les Aventures du Roi Pausole« engagiert / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg
Mit diesem Brief wurde Paul Falkenberg, der nach den ergebnislosen Produktionsvorbereitungen zu dem Simenon-Film seines Freundes Walther Ruttmann in Frankreich hängengeblieben war, für den Schnitt des Films »Les Aventures du Roi Pausole« engagiert / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg

Während der Herstellung des Films kommen jedoch in Deutsch­land die National­sozia­listen an die Macht, so­dass dem Film der erhoffte Haupt­markt Deutschland abhanden kommt, wo eine »jüdische Pro­dukt­ion« nicht mehr zur Aufführung kommen kann. Falkenberg, der die Entwicklung in Deutschland aus Frankreich verfolgt, behält zwar noch einige Zeit seine Wohnung in Berlin, in der Hoffnung, dass das Regime rasch wieder zusammen­brechen wird. Bald aber wird klar, dass aus seiner Arbeits­migration eine Emigration aus »rassischen« und poli­ti­schen Gründen werden würde.

...und weiter durch Europa

Der wie Falkenberg aus Deutsch­land emigrierte Produzent und frühere Ufa-Direktor David Oliver hatte in Bar­ce­lona die »Iberica Films« gegrün­det und konnte dort vor Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs einige Filme produ­zieren, die deutsch-jüdischen Emigranten eine Arbeits­mög­lich­keit boten. So kann Falken­berg 1934 in Spanien an der Ent­steh­ung von zwei Filmen mitwirken:  in »Dona Francis­quita« und »Una Semana de Felicidad« war er für den Schnitt zuständig.

Auch in Wien kann Falkenberg noch an »Salto in die Seligkeit« mitar­­bei­­ten, einer Produktion, die als Kollek­tiv­projekt einiger jüdischer Emi­gran­ten in Wien entsteht, bevor auch dort nur noch »arische« Mit­ar­bei­ter in der Filmproduktion beschäftigt werden.

»Es werden in Wien nur noch ›arische‹ Filme gemacht, d.h. ein Jude und Untermensch wie ich kann dort, nicht einmal getarnt mitarbeiten.«

»Es werden in Wien nur noch ›arische‹ Filme gemacht, d.h. ein Jude und Untermensch wie ich kann dort, nicht einmal getarnt mitarbeiten«, schreibt Falkenberg 1935 aus Paris an seinen Freund, den Kameramann Rudolf Maté, der seit kurzem in Hollywood arbeitet. »Heiligenwald« ist für Falken­berg zum Zeitpunkt des Briefes ein Sehnsuchtsort, an den er erst 1938 gelangen sollte. 

Exkurs: Die »Arisierung« des Film­betriebs

Die Rahmenbedingungen der Filmproduktion änderten sich mit der Macht­über­nahme der Natio­nal­sozialisten vollständig. Am 11. März 1933 – knapp sechs Wochen nach­dem Hitler zum Reichskanzler ernannt worden war – wurde das Reichs­minis­terium für Volks­auf­klä­rung und Propaganda gegründet. Den Ausschluss aller jüdischen Künst­ler und Künst­lerin­nen aus der Film­industrie for­der­te Reichs­propa­ganda­minis­ter Joseph Goebbels bereits am 28. März in seiner Rede im Berliner Hotel Kaiserhof an­läss­lich einer Ver­samm­lung der »Dach­organi­sation der deutschen Film­schaf­fen­den« (Dacho). Schon am Tag darauf beschloss die größte deutsche Film­firma, die Ufa, alle Verträge mit jüdischen Mitarbeitern und Ange­stell­ten zu lösen und entließ mit sofortiger Wirkung einige ihrer prominen­tes­ten Künstler.

Alle Bereiche der Filmindustrie waren von diesem Berufsverbot betroffen. Dar­stel­ler und Darstel­lerin­nen, Regis­seure und Autoren, Kameraleute, Architekten und Komponisten ebenso wie Inhaber von Filmverleihen, Kinos oder Agen­turen verloren schon in den ersten Monaten der Diktatur zu Tausenden ihre Arbeits­mög­lich­keit.

Im Nachlass Falkenbergs findet sich ein interessantes Dokument, das diese Vorgänge illustriert. Es handelt sich um einen Brief, der Falkenberg in Paris erreichte.

Rundbrief des Verbands der Filmcutter Deutschlands in der Dacho an seine jüdischen Mitglieder, 24. April 1933 / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg
Rundbrief des Verbands der Filmcutter Deutschlands in der Dacho an seine jüdischen Mitglieder, 24. April 1933 / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg

Der »Verband der Filmcutter Deutsch­­lands«, den Falkenberg selbst mit­be­grün­det hatte und dessen erster Vorsitzender er gewesen war, teilt darin mit, von der Dacho in Bezug auf seine »nicht-deutsch­stämmigen« Mitglieder die Anweisung erhalten zu haben, sich »den Anforde­run­gen der neuen Zeit voll und ganz anzu­pas­sen«. Nach längerer Diskussion des Themas auf der Mitglieder­ver­samm­lung hätten die anwesenden »nicht-deutsch­stäm­mi­gen« Mitglieder ihren frei­willigen Austritt vorgeschlagen, um den Fort­be­stand des Ver­ban­des nicht zu gefährden. Falkenberg und allen anderen jüdischen Verbands­mit­glie­dern wird anheim­ge­stellt, es ihnen nachzutun und ihre Mit­glied­schaft zu kündigen.

Deutlich klingt jedoch aus den Zeilen das Unbehagen und das Missfallen an dieser Entscheidung durch. Geradezu unver­hohlen äußert sich dies im Ab­schieds­gruß: »Wir begrüssen Sie und versichern Sie nach wie vor unserer un­ver­änderl­ichen kollegialen Hoch­achtung« beendet der Vorstand des Verbands sein Schreiben.

Eine offenere Opposition gegen die Maßgaben des Reichs­propa­gan­da­minis­ters zur »Arisierung« des deut­schen Films war nicht möglich. Doch auch der Rück­zug seiner jüdischen Mitglieder konnte den Verband der Filmcutter Deutsch­lands nicht retten: Die gewerk­schafts­ähn­liche Organi­sa­tion der Dacho wurde wenige Wochen später mitsamt ihrer Unter­ver­bän­de aufgelöst. Ihr derzeitiger Präsident Carl Froelich, schon 1933 Mitglied der NSDAP, wurde 1939 Präsident der »Reichsfilmkammer«.

Für die »nicht-deutschstämmigen« Mitglieder blieb oft das Exil der einzige Ausweg: über 2000 Filmkünstler und -künstlerinnen, darunter auch Paul Falkenberg, emigrierten während der NS-Zeit aus Deutschland.

Emigration nach Amerika

Falkenberg gelingt 1938 die Aus­reise nach Amerika. Er versucht als Fach­be­ra­ter, Drehbuchautor und Dialo­gue-Coach bei Anti-Nazi-Filmen in Holly­wood Fuß zu fassen.

Ab 1941 arbeitet Paul Falkenberg in New York, wo er im Auftrag des Office of Inter-American Affairs Kulturfilme für den Vertrieb in Süd­amerika bear­bei­tet. Sein Vor­ge­setzter in diesem beim Museum of Modern Art Film Archive ange­siedelten Projekts ist Luis Bunuel.

Zahlreiche Filmschaffende waren wie er vor den Nationalsozialisten nach Amerika geflohen: »Wie ich im Jahr 41 in New York die New York Times auf­machte, hatte ich das Gefühl, dass ich das Berliner Tage­blatt und die Vos­sische Zeitung vor mir habe. Natürlich waren all die guten Leute, die man dort im Konzert oder auf der Bühne sehen konnte, ausgewandert, aus Berlin. Es waren dieselben Leute.«

Paul Falkenberg und Assistenten bei Schnitt und Neuvertonung amerikanischer Kulturfilme für den südamerikanischen Markt in New York, 1940er-Jahre / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg
Paul Falkenberg und Assistenten bei Schnitt und Neuvertonung amerikanischer Kulturfilme für den südamerikanischen Markt in New York, 1940er-Jahre / © Deutsche Kinemathek, Sammlung 198406 Paul Falkenberg

Ab 1945 arbeitet Falkenberg für viele Jahrzehnte als selbständiger Doku­men­­­­tar­­­­film­produ­zent. Zunächst entstehen Filme, die für Palästina bzw. Israel als Ein­wan­derungsland werben, später mehr und mehr Doku­men­tar­filme über Künstler und kultur­wissen­schaft­­liche Themen. Berühmt wird u.a . sein gemein­sam mit Hans Namuth produzierter Film »Jackson Pollock« (1951), der den Maler des »Action Paintings« bei der Arbeit zeigt. Mit Namuth gründet Falkenberg die Pro­duk­tions­­firma »Museum at Large«, die erfolgreich weitere Künstlerprofile produziert. Der Experimental­film­pionier Hans Richter, mit dem Falkenberg befreundet ist, setzt ihn in seinem Film »Dadascope« 1961 als Darsteller ein. 1967 kann Falkenberg für den Norddeutschen Rundfunk den Dokumentarfilm »Die Pfauen­insel« realisieren und besucht nun gele­gent­lich wieder seine Geburts­stadt Berlin.

Courtesy of The Museum of Modern Art, New York

Berliner bleibt man immer

»Nach Berlin zurück­zu­kehren ist für mich immer eine Heimkehr, so merk­wür­dig das klingen mag.«

Aus Anlass der Retrospektive »Exil. Sechs Schauspieler aus Deutsch­land« ist Paul Falken­berg 1983 Gast der Inter­natio­na­len Filmfestspiele Berlin und der Deut­schen Kinemathek. Er wird zu einer der Stimmen in »Ein verlo­re­nes Berlin« (1983), einem vom Lite­ra­rischen Colloquium Berlin pro­du­zier­ten Doku­mentar­essay über den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weis­sen­see, auf dem sein Vater beerdigt ist.

Eine für den NDR begonnene Pro­duktion über den Berliner Bür­ger­meister Ernst Reuter kann wegen Erkrankung Falken­bergs nicht mehr realisiert werden, ein auto­bio­gra­phisch angelegter Film »Erlebtes Kino« über seine Filmarbeit in Deutschland vor 1933 wird ebenfalls nicht mehr fertiggestellt. Paul Falkenberg stirbt 1986 in New York.

Nach seinem Besuch 1983 in Berlin hatte Falkenberg, der selbst als junger Mann Pläne für eine film­ge­schicht­liche Samm­lung gefasst hatte, begon­nen, der Kine­mathek Dokumente zu überlassen. Diesen Vorlass ergänzte seine Witwe Lotte Falkenberg nach seinem Tode sys­te­matisch, sodass heute wohl alle geretteten beruflichen Unterlagen Falkenbergs in der Kinemathek versammelt sind. Der um­fang­reiche schriftliche Nachlass umfasst Drehbücher, Geschäfts­unterlagen, Skripte seiner Vorle­sun­gen an amerikanischen Universitäten, Korrespondenz mit Freunden und Geschäftspartnern – darunter Fritz Lang, Carl Theodor Dreyer, Lotte H. Eisner, Jay Leyda, Peter Lorre, Rudolph Maté, Hans Richter, Walther Ruttmann, Hans Sahl und Hans Casparius – und ist damit eine wichtige Primär­quelle für die Erforschung des Filmexils.

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Über das Porträt

Ein »Erinnerungsstück« von
Stiftung Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin
www.deutsche-kinemathek.de

Autor: Martin Koerber​, Leitung Audiovisuelles Erbe – Film, Deutsche Kinemathek, Berlin (Exkurs: »Die ›Arisierung‹ des Filmbetriebs«: Jessica Popp, AsKI e.V.)

Redaktionelle Bearbeitung und Gestaltung: Dr. Jessica Popp, AsKI e.V.

Techn. Bearbeitung von Bild-, Audio- und Videodateien: Franz Fechner, AsKI e.V.

Quellenangaben

Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin
Sammeln, Bewahren, Erschließen, Präsentieren und Vermitteln des audiovisuellen Erbes – das sind die Aufgaben der Deutschen Kine­mathek seit ihrer Eröffnung 1963. Gegenstand ist alles, was zur Film- und Fernsehgeschichte gehört, beispielsweise Materialien aus den Nachlässen einflussreicher Filmlegenden wie F.W. Murnau, G.W. Pabst, Marlene Dietrich, oder Bernd Eichinger, die Archive des Regisseurs Werner Herzog, aber auch bedeutende Drehbücher, darunter Skripte von Carl Mayer bis Christian Petzold.

Einen Schwerpunkt bildet die Sammlung von Dokumente zum deutschen Film-Exil, die das Wirken deutscher Filmschaffender in der Emigration nachzeichnet und als international umfangreichste dieser Ausrichtung gilt.Einige Bestände, darunter das Archiv des einflussreichen Setdesigners Ken Adam, sowie das Archiv der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) sind mittlerweile online zugänglich.

Ein Filmarchiv mit Kopien von mehr als 26.500 Filmtiteln kommt hinzu, sowie ein Sichtungsbestand von über 25.000 Filmen auf Video. Die vielfältigen Bestände können für  Forschung und Recherchen genutzt, Filmkopien vor Ort gesichtet und von Kinos geliehen werden.

In der Mediathek Fernsehen stehen mehr als 9.000 Sendungen aus sieben Jahrzehnten und den ehemals beiden Teilen Deutschlands zur Verfügung. Zudem verfügt das Filmhaus über eine der größten Fachbibliotheken Europas. In den Archiven der Deutschen Kinemathek werden mehrere Hunderttausend Fotos, etwa 25.000 Plakate, 20.000 Kostüme und Architekturskizzen aufbewahrt.

Ein Teil davon ist seit Herbst 2000 im Filmhaus am Potsdamer Platz ausgestellt. Die futuristischen Set-Entwürfe zu Fritz Langs ›Metropolis‹, Marlene Dietrichs Schminkkoffer oder die Kostüme aus Wolfgang Petersens ›Das Boot‹ erzählen in der ständigen Ausstellung von der Faszination deutscher Filmgeschichte. Im Jahr 2006 eröffnete daneben ein Pendant zur deutschen Fernsehgeschichte – eine in Europa einzigartige Kombination beider Medien unter einem Dach.

Seit 1977 betreut die Deutsche Kinemathek alljährlich die filmhistorische Retrospektive und die Hommage der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Einen Namen macht sie sich ebenso durch zahlreiche Publikationen zur Geschichte und Gegenwart von Film und Fernsehen, durch Sonderausstellungen sowie hochkarätig besetzte Symposien und andere Veranstaltungen.